Editorial: Vertragslaufzeiten sollten öffentlich sein

Erinnert ihr euch, als Henry "⁠ HenryG ⁠" Greer 2020 das Colossus-Team aufbaute? Es war damals genauso ungewöhnlich wie heute, dass ein Team viel über die Verträge der Spieler preisgibt, aber der Kommentator, der zum General Manager wurde, warf den Status quo über Bord und verkündete der Welt, wie viel seine Spieler bezahlt wurden.

Er und das Team lernten auf die harte Tour, dass dieser Ansatz zu weit ging. Durch die Veröffentlichung der Vertragswerte wurden die Spieler von HenryG einem ungewöhnlichen Druck und Spott ausgesetzt, als sie unvermeidlich nicht die Erwartungen erfüllten, die mit dem Geld von Cloud9 von Anfang an verbunden waren.

Aber es wird eine andere Geschichte, wenn kein Geld im Spiel ist. Der Druck verschwindet, wenn man nur die Vertragslaufzeiten offenlegt, aber dieses Detail ist genauso wichtig wie das Geld, wenn nicht sogar wichtiger. Im Gegensatz zu Gehältern und Ablösesummen, die eine zusätzliche Druckquelle für die Spieler sein können, profitieren die meisten der Szene, wenn sie flächendeckend geteilt werden.

Die Fans haben am meisten zu gewinnen, und hier kann sogar der Unterhaltungswert der Bekanntgabe von Vertragslaufzeiten auf lange Sicht Dividenden zahlen. Wenn der Vertrag eines Spielers kurz vor dem Auslaufen steht, steigen die Chancen, dass dieser Spieler woanders hingeht, und die Community kann über die Möglichkeiten spekulieren, besonders während der Winter- und Sommerpausen.

Stellt euch vor, wir wüssten, wann der aktuelle Vertrag von Ilya "⁠ m0NESY ⁠" Osipov mit G2 endet. Im Moment kann das jeder nur raten und es schafft viel Verwirrung über die Zukunft des Teams. Mit Nikola "⁠ NiKo ⁠" Kovač, der angeblich zu Falcons wechseln soll, könnte m0NESY sehr wohl eine Zukunft woanders in Betracht ziehen, aber ist das überhaupt machbar, angesichts der vorherigen Haltung von G2, dass er für keinen Preis verkauft wird? Es scheint mir, dass er bis zum Ende dieses Vertrags warten muss, aber dieses Datum ist ein gut gehütetes Geheimnis.

Die Spieler selbst haben viel Motivation, das Ende ihrer Verträge zu teilen. Es verbessert ihre Chancen, zu dieser Zeit angesprochen zu werden, und jedes neue Angebot erhöht ihren Wert. Natürlich kann in den meisten Fällen jeder Manager, der etwas auf sich hält, herausfinden, wann der anvisierte Spieler verfügbar sein wird, indem er die richtigen Leute hinter den Kulissen fragt, aber es würde die Dinge erheblich erleichtern, wenn diese Informationen leicht verfügbar wären.

Warum ist es dann unüblich, dass Vertragslaufzeiten auf höchstem Niveau bekannt gegeben werden, und bleibt ein Luxus, der typischerweise Franchise-Spielern wie Mathieu "⁠ ZywOo ⁠" Herbaut, Nicolai "⁠ device ⁠" Reedtz, Kaike "⁠ KSCERATO ⁠" Cerato und Dzhami "⁠ Jame ⁠" Ali vorbehalten ist?

Ihr habt vielleicht bemerkt, dass letzten Monat eine neue Funktion hinzugefügt wurde, die aktuelle Vertragslaufzeiten in Spielerprofilen auf HLTV anzeigt. Nachdem das passiert war, nahmen mehrere Autoren und ich Kontakt zu den meisten prominenten Teamorganisationen und Spieleragenturen auf, um so viele Daten wie möglich über aktuelle Verträge zu sammeln.

Diese Ansätze brachten nichts Neues ans Licht. Wir fragen regelmäßig nach Vertragslaufzeiten bei Spielerankündigungen und es ist selten erfolgreich. Agenturen geben typischerweise die gleiche negative Antwort und berufen sich auf Vertraulichkeitsklauseln, die sie daran hindern, Informationen über die Verträge ihrer Spieler zu teilen. In der Zwischenzeit machen Teamorganisationen oft deutlich, dass mehr Transparenz nicht in ihrem Interesse liegt.

"Ich sehe keinen Grund, warum ich das tun sollte", sagte eine solche Antwort eines Managers eines prominenten Teams während unserer jüngsten Anfragen. Ein anderer zeichnete ein detaillierteres Bild des Problems: "Wir sehen den Vorteil für Spieler, Agenten und Fans, aber der potenzielle Nachteil liegt bei den Teams. Mehr Informationen über Spieler-Verträge geben den Spielern/Agenten tendenziell mehr Verhandlungsmacht und treiben die Kosten für die Teams in die Höhe", sagten sie.

Jede Organisation, die diese Informationen von sich aus teilt, setzt sich gegenüber denen, die es nicht tun, im Nachteil. Für viele von ihnen wird es zu einer Frage von "wenn alle anderen es tun, können wir es auch tun", wie einer der Befragten sagte.

Das Problem ist, dass sich niemand in diese Position bringen wird, es sei denn, er wird dazu gezwungen. Im Sport und anderen Esports sind es oft die Franchise-Ligen und Spielergewerkschaften, die diese Details aus Gründen der Transparenz, des Spielerschutzes und der Einhaltung verschiedener Regeln wie Gehaltsobergrenzen öffentlich machen müssen.

Im Counter-Strike gibt es keine einzige Franchise, die den gesamten Kreislauf überwacht. Valve hat die ultimative Macht, aber sie greifen nur ein, um hochrangige Entscheidungen zu treffen, wenn sie das Bedürfnis verspüren, das Spiel zu schützen.

Es sollte dann auf eine Spielervereinigung ankommen. Leider existiert die Counter-Strike Professional Players' Association (CSPPA) nicht nur effektiv nicht mehr, sie hat auch selten ihre kollektive Verhandlungsmacht genutzt, selbst als sie einigermaßen funktional war.

Stattdessen wird die einzige Möglichkeit, wie diese Informationen jetzt geteilt werden, durch Spieleragenturen, die sich durchsetzen, wenn sie können. Das ist jedoch oft auf Spieler beschränkt, die die Macht und den Einfluss haben, ihre Bedingungen zu diktieren, während der Großteil der anderen dem Wohlwollen ihrer Teams ausgeliefert ist.

Es sollte nicht so sein, aber ohne eine echte Instanz, die eine universelle Änderung durchsetzt, könnte mehr Transparenz bei Spieler-Verträgen vorerst nur ein Wunschtraum bleiben.